Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) ab 2023 - was Sie jetzt wissen müssen
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (nachfolgend auch kurz eAU genannt) ist seit Anfang 2023 Pflicht! Die bisherige Krankschreibung auf Papier als Nachweis der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gegenüber ihren Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern hat somit ausgedient. Atteste werden jetzt digitalisiert. Dadurch verschwinden die jahrzehntelang etablierten „gelben Zettel“ aus den Prozessabläufen der Lohn- und Gehaltsabrechnung. Grund genug für uns, die neuen Spielregeln und deren sinnvolle Umsetzung im Zusammenspiel mit dem Steuerberatungsbüro in diesem Artikel näher zu beleuchten.
Autoren: Nicole Mentel und Michael Repschläger
Datum: Aktualisiert am 11.03.2023
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- Lesezeit: 6 Minuten
Inhalt
- Die neue eAU ab 2023 – Das Wichtigste im Überblick
- Ab 2023: Verpflichtende Datenübermittlung vom Arzt an die Krankenkassen
- Wie bisher: Mitteilungspflicht der Mitarbeiter
- Neu: Die eAU muss bestätigt werden
- Problematisch: Ohne Rückmeldung der Krankenkasse keine Erstattung nach AAG für Arbeitgeber
- Für welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt das neue eAU-Verfahren?
- Unsere Meinung zum neuen Verfahren
- Praktische Umsetzung des neuen Verfahrens zur eAU in der Zusammenarbeit mit dem Steuerberater
Die neue eAU ab 2023 – Das Wichtigste im Überblick
Ab 2023: Verpflichtende Datenübermittlung vom Arzt an die Krankenkassen
Wenn Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen wegen einer Erkrankung zum Arzt gehen und krank geschrieben werden, übermittelt der Mediziner die Daten zur Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) elektronisch an die Krankenkasse. Im Jahre 2022 war diese Vorgehensweise der Arztpraxen noch optional, ab 2023 sind sie hierzu verpflichtet.
Wie bisher erhalten die Beschäftigten eine Kopie der der Bescheinigung in Papierform. Diese ist allerdings lediglich für eventuelle Störfälle gedacht, nicht als Vermeidungsstrategie für diejenigen, die das digitale Verfahren umgehen wollen. Außerdem sind die Beschäftigten nicht mehr verpflichtet, ihrem Arbeitgeber die AU-Bescheinigung auszuhändigen.
Vorteile dieses Teils des neuen Verfahrens:
- Weniger Papier.
- Krankenkassen werden zuverlässig über die Arbeitsunfähigkeiten der Arbeitnehmer informiert.
Hinweis: Sofern ein Arbeitnehmer trotz des neuen Verfahrens seinen vom Arzt erhaltenen „gelben Schein“ bei seinem Arbeitgeber abgibt, sollte dieser ihn darauf hinweisen, aus datenschutzrechtlichen Gründen die auf der Bescheinigung vorhandenen Angaben zur Diagnose und zum behandelnden Arzt zu schwärzen.
Wie bisher: Mitteilungspflicht der Mitarbeiter
Ein kranker Mitarbeiter ist wie bisher verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über seine Arbeitsunfähigkeit (und deren voraussichtliche Dauer) zu unterrichten. Dies ergibt sich aus § 5 Absatz 1 Satz 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG). Lediglich die Vorlage der Bescheinigung entfällt jetzt für den Mitarbeiter.
Neu: Die eAU muss bestätigt werden
Durch einen elektronischen Abruf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung von der Krankenkasse des Arbeitnehmers wird diese bestätigt. Dieser Abruf kann aktuell auf drei Wegen erfolgen:
- Durch das Lohnabrechnungssystem,
- mittels eines durch die ITSG (Informationstechnische Servicestelle der gesetzlichen Krankenversicherung) zertifizierten sonstigen Systems (bspw. ein Zeitwirtschaftssystem) oder
- über das Programm sv.net.
Ein Abruf ist erst einen Tag nach dem Überschreiten der Attestpflicht möglich. Dies ist üblicherweise der vierte Tag der Erkrankung des Arbeitnehmers.
Die Übermittlung der eAU von der Krankenkasse an den Arbeitgeber oder die abrechnende Stelle (meist das Steuerberatungsbüro) erfolgt nicht automatisiert. Vielmehr sieht das neue Verfahren vor, dass für jeden einzelnen arbeitsunfähig gemeldeten Arbeitnehmer eine Abfrage bei dessen Krankenkasse gestartet wird. Man spricht in diesem Zusammenhang von einem sog. „Pull-Verfahren“.
Zusätzlich muss im Rahmen des Verfahrens bestätigt werden, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber über das Vorliegen eines Attests informiert hat.
Problematisch: Ohne Rückmeldung der Krankenkasse keine Erstattung nach AAG für Arbeitgeber
Eigentlich hat sich im Prinzip nicht viel geändert. Bisher erhielt der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom Arzt in zweifacher Papierausfertigung: Ein Exemplar, das er dem Arbeitgeber zukommen lassen musste und eines, das von ihm an seine Krankenkasse zu schicken war. Der Arbeitgeber konnte sich die Lohnfortzahlung des Arbeitnehmers teilweise von der Krankenkasse erstatten lassen, sofern der Krankenkasse die Krankmeldung des Mitarbeiters ebenfalls vorlag.
Beim neuen Verfahren der eAU muss der Arbeitnehmer dem Chef keine Krankschreibung vorlegen, vielmehr muss er ihn über diese nur noch informieren. Die Krankenkasse erfährt von dieser Information durch den Abruf des Arbeitgebers. Erst mit der Rückmeldung der Krankenkasse kann der Arbeitgeber bzw. dessen Steuerberater anschließend einen Antrag auf Erstattung nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz (kurz: AAG) stellen.
Die Rückmeldungen sollen innerhalb von 9 Tagen erfolgen. Somit entsteht bei Verschleppen der Abrufe leicht eine Liquiditätslücke für den Arbeitgeber.
Für welche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gilt das neue eAU-Verfahren?
Das neue Verfahren zur elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt für alle gesetzlich krankenversicherten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
Das bedeutet, es gilt auch für
- Geringfügig Beschäftigte (Minijobber) und
- Kurzfristig Beschäftigte.
Für den letztgenannten Personenkreis benötigt die lohnabrechnende Stelle somit nunmehr auch immer Angaben zu deren gesetzlicher Krankenkasse.
Ausgenommen von dem elektronischen Verfahren sind
- Privat versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer,
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen von Privatärzten,
- Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus dem Ausland,
- die Fälle, in denen der Mitarbeitende wegen einer Krankheit seines Kindes nicht zur Arbeit erscheinen kann,
- sonstige AU- Bescheinigungen (bspw. bei Beschäftigungsverbot, Rehabilitationsleistungen und stufenweisen Wiedereingliederungen).
Unsere Meinung zum neuen Verfahren
Nach unserer Ansicht kompliziert das zuvor geschilderte Pull-Verfahren die Prozessabläufe in der Praxis unnötig stark. Wir hätten ein automatisiertes Verfahren definitiv vorgezogen. Leider haben wir jedoch keinerlei Einfluss auf die Gesetzgebung und müssen diese genauso hinnehmen wie Sie als Arbeitgeberin / Arbeitgeber.
In der folgenden Übersicht stellen wir die Aufgaben der einzelnen Akteure komprimiert dar. Für weitere Informationen fahren Sie einfach mit der Maus über die pulsierenden Bezeichnungen.
Praktische Umsetzung des neuen Verfahrens zur eAU in der Zusammenarbeit mit dem Steuerberater
Wie wird das Verfahren bei MENTEL umgesetzt?
Seit dem 06.02.2023 liegt eine Lösung der DATEV vor, mittels derer die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber den eAU-Abruf mit dem Tool DATEV Personaldaten online selbst durchführen können. Im Rahmen des Abrufs werden die Rückmeldungen der Krankenkassen dann auch in unser Lohnabrechnungsprogramm übernommen. Wie der Abruf der eAU mit DATEV Personaldaten online funktioniert, haben wir in einem gesonderten Artikel beschrieben.
Das Programm DATEV Personaldaten steht sämtlichen Mandantinnen und Mandanten zur Verfügung, die ohnehin DATEV Unternehmen online im Einsatz haben. Ggf. muss unsererseits lediglich eine Freischaltung erfolgen.
Diejenigen Mandantinnen und Mandanten, die Unternehmen online nicht nutzen, erhalten den Zugang zu DATEV Personaldaten von uns über das sog. DATEV Personal Add-on. Sodann können auch sie den eAU-Abruf problemlos und sicher durchführen.
Andere Mitteilungswege der Krankmeldungen bieten wir neben der DATEV-Lösung aus Kosten- und Sicherheitsgründen nicht mehr an. Bei der Einarbeitung und Bedienung der ohnehin eher selbsterklärenden und einfachen Anwendung unterstützen wir unsere Mandanten selbstverständlich in langjährig gewohnter Weise. Ganz so, wie sie es von einer digitalen Kanzlei erwarten können. Eine Chance, die man sich keinesfalls entgehen lassen sollte. Wo sonst erhält man schon eine derartige Unterstützung beim Einstieg in die Digitalisierung?Wie wird der Prozess mittels DATEV Personaldaten gestaltet?
Die eAU-Abfrage durch unsere Mandanten besteht jetzt aus den folgenden einfachen Schritten:
- In DATEV Personaldaten wird der Mitarbeiter, für den eine eAU angefordert werden soll, aus einer Übersicht im Programm ausgewählt.
- Für den gewählten Mitarbeiter ist anschließend die Art der Arbeitsunfähigkeit und das Datum des Krankheitsbeginns anzugeben. Optional kann das voraussichtliche Krankheitsende angegeben werden. Zudem muss bestätigt werden, dass der Mitarbeiter den Arbeitgeber über das Vorliegen eines Attestes informiert hat.
- Durch einen letzten Mausklick wird die eAU-Abfrage durchgeführt.
- Nach Rückübertragung der eAU-Daten von der Krankenkasse an das Programm DATEV Personaldaten werden diese auch dem Steuerberater übertragen.
Die genaue Vorgehensweise stellen wir ausführlich in dem bereits oben erwähnten Fachartikel dar.
Wichtig: Zu beachten ist, dass die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber dem Steuerberatungsbüro grundsätzlich für alle Mitarbeiter mitteilen müssen, ab wann diese ein Attest vorgelegen müssen. Dies liegt darin begründet, dass diese Angabe im Lohnabrechnungsprogramm der Steuerberatungskanzlei hinterlegt werden muss.
Ausblick: Wie wird das Verfahren später weiter vereinfacht?
Nach den uns vorliegenden Informationen arbeitet die DATEV momentan an einer funktionalen Erweiterung von DATEV Arbeitnehmer online. Arbeitnehmer online ist ein praktisches Programm, das viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unserer Mandantschaft nutzen, um ihre Lohn- und Gehaltsunterlagen digital von ihrem Arbeitgeber zu erhalten und sicher in der Cloud zu archivieren.
Geplant ist, dass eine neue Funktion den Arbeitnehmern demnächst ermöglichen soll, sich digital bei ihrem Arbeitgeber krank zu melden. Der von der eAU betroffene Personenkreis soll hierbei auch automatisch den Abruf der eAU initiieren können. Die Rückmeldung soll dann sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber von der Krankenkasse bereitgestellt werden. Eine Pilotierung der Anwendung ist für das Jahr 2023 geplant.
Sie haben Fragen zum Thema elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU)?