
Ordnungsmäßigkeit im Sinne der GoBD und Datenzugriffsrechte
In diesem Teil unseres Ratgebers erfahren Sie, was man unter Ordnungsmäßigkeit versteht und warum es wichtig ist, dass Sie Ihre Buchführungsunterlagen geordnet aufbewahren. Außerdem gehen wir auf weitere wichtige Grundsätze der Verwaltungsanweisung ein. Hierbei ist besonders der Grundsatz der Unveränderbarkeit zu erwähnen. Dieser führt dazu, dass Sie z. B. Rechnungen in der EDV genauso festschreiben müssen wie Kassenbewegungen. Des Weiteren widmen wir uns den Kosten, die Ihnen als Unternehmen bei der Erfüllung der Ordnungsmäßigkeitskriterien entstehen. Am Schluss dieses Abschnitts erläutern wir Ihnen zudem die Datenzugriffsrechte des Finanzamts und die Datenübertragung im Rahmen der Betriebsprüfung. Ohne entsprechende Rechte und Verfahren wäre eine Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit schließlich nicht möglich.
Autoren: Nicole Mentel und Michael Repschläger
Datum: Änderungen am 26.09.2023.
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- Lesezeit (Teil 2): 10 Minuten
Ordnungsmäßigkeit
Die Ordnungsmäßigkeit von Büchern und Aufzeichnungen
Deutsche Betriebsprüfer haben ein grundsätzliches Problem: Ohne eine gewisse Ordnung des Steuerpflichtigen lassen sich seine Unterlagen nur sehr schlecht prüfen. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Unterlagen in Papierform oder in elektronischer Form vorliegen.
Damit Sie die Nerven der Betriebsprüfer schonen und damit sie die Prüfer des Finanzamts bei Laune halten, müssen Sie im Zusammenhang mit den zu führenden Büchern und Aufzeichnungen die folgenden Grundsätze beachten.
Grundsätze der GoBD
Grundsatz der Nachvollziehbarkeit / Nachprüfbarkeit und die
Grundsätze der Wahrheit, Klarheit und fortlaufenden Aufzeichnung.
Letztere münden in die folgenden Grundsätze:
Grundsatz der Vollständigkeit,
Grundsatz der Richtigkeit,
Grundsatz der Zeitgerechtheit,
Grundsatz der Ordnung und
Grundsatz der Unveränderbarkeit.
Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit
Sie müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist dafür sorgen , dass die Verarbeitung der einzelnen Geschäftsvorfälle und der erforderlichen Aufzeichnungen nachvollziehbar und nachprüfbar ist. Dies gilt auch für die dabei angewandten Buchführungs- und Aufzeichnungsverfahren. Letztlich müssen sich die Geschäftsvorfälle verfolgen lassen. Dies erreichen Sie dadurch, dass Sie alle Buchungen und Aufzeichnungen durch einen Beleg nachweisen können. Außerdem ist eine Verfahrensdokumentation bei der Einhaltung des Grundsatzes der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit sehr hilfreich.
Wahrheit, Klarheit und fortlaufende Aufzeichnung
Bücher und Aufzeichnungen müssen der Wahrheit entsprechen und klar und fortlaufend erledigt werden. Damit Ihnen dieses gelingt, müssen Sie die nachfolgenden Grundsätze (auch bei der digitalen Buchführung) beachten.
Vollständigkeit
Sie müssen Ihre Geschäftsvorfälle vollzählig und lückenlos aufzeichnen. Dies nennt man auch Einzelaufzeichnungspflicht. Bedenken Sie: Dies hat auch zur Folge, dass alle Belege vollständig vorhanden sein müssen.
Der Einzelaufzeichnungspflicht unterliegen Sie nur dann nicht, wenn es Ihnen technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, Ihre einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen. So ein Fall liegt beispielsweise vor, wenn Sie eine sog. offene Ladenkasse verwenden und Waren an eine Vielzahl von Personen gegen Barzahlung verkaufen, die Ihnen nicht bekannt sind. Wenn Sie im Zusammenhang mit derartigen Verkäufen hingegen eine elektronische Registrierkasse verwenden, unterliegen Sie nach Auffassung der Finanzverwaltung der Einzelaufzeichnungspflicht. Näheres finden Sie hierzu unter Randziffer 39 der GoBD.
Richtigkeit
Hierunter versteht man, dass die Geschäftsvorfälle inhaltlich zutreffend, also den tatsächlichen Verhältnissen entsprechend, durch Belege abgebildet und aufgezeichnet werden. Anders ausgedrückt: Sie dürfen in Ihrer Buchführung nicht lügen.
Zeitgerechtheit
Dieser Grundsatz der GoBD zielt darauf ab, dass Sie Ihre Geschäftsvorfälle nicht zu lange in der Schwebe halten dürfen, um sie womöglich später anders darstellen zu können.
Das BMF hält eine Erfassung von unbaren Geschäftsvorfällen innerhalb von zehn Tagen für unbedenklich.
Waren- und Kostenrechnungen, die Sie innerhalb von acht Tagen nach Rechnungseingang oder einer dem üblichen Geschäftsbetrieb entsprechenden Zeit begleichen, müssen Sie nach Verwaltungsauffassung nicht kontokorrentmäßig erfassen.
Kasseneinnahmen und Kassenausgaben sind dagegen nach Randziffer 48 der GoBD täglich festzuhalten. Demnach müssen Sie Ihre Kasse täglich führen.
Übrigens: Die Erfassung von Geschäftsvorfällen ist etwas anderes als die Verbuchung. Die Verbuchung muss zwar zeitgerecht erfolgen, also in einem engen zeitlichen Zusammenhang zwischen den Vorgängen und ihrer buchmäßigen Erfassung (siehe hierzu Randziffer 45 der GoBD). Die Erfassung in einer Grundaufzeichnung oder einem Grundbuch wünscht sich die Verwaltung hingegen möglichst zeitnah nach seiner Entstehung. Nachlesen können Sie dieses in Randziffer 46 des Erlasses.

Ordnung
Was ist Ordnung im Sinne der GoBD? Ordnung steht für Sortierung und den Zustand einer zielführenden Abfolge. Genau diesen Zustand wünscht sich auch die Finanzverwaltung. Sie erlaubt Ihnen nicht, dass Sie Ihre geschäftlichen Unterlagen planlos sammeln und aufbewahren.
Was sich der Gesetzgeber unter Ordnung / Geordnetheit vorstellt, ist seit langer Zeit klar: Die Geschäftsvorfälle eines Unternehmens sind systematisch, übersichtlich, eindeutig und nachvollziehbar festzuhalten.
Es ist wichtig, dass Sie sich vor Augen halten, dass nicht jede Belegablage auch eine geordnete Belegablage darstellt.
Einige Negativ-Beispiele:
- Belege werden lose und ungeordnet in einem Behältnis (Schuhkarton, Wäschekorb, o. ä.) aufbewahrt und in dieser Form an das Steuerberatungsbüro übergeben oder selbst gebucht.
- Ein Unternehmer sammelt seine Belege in Ablagekörben o. ä., nummeriert diese jedoch nicht fortlaufend, auch eine weitergehende Erfassung durch den Unternehmer in Listen findet nicht statt. Einmal im Monat locht der Unternehmer die Belege und übergibt diese seinem Steuerberater zur Verbuchung.
Bei den vorstehenden Fällen mangelt es eindeutig an einer Belegsicherung. Die Unverlierbarkeit des Geschäftsvorfalls ist nicht ausreichend sichergestellt.
In Randziffer 117 der GoBD macht die Finanzverwaltung Zugeständnisse gegenüber den Steuerpflichtigen: Sie schreibt ausdrücklich kein bestimmtes Ordnungssystem vor. Vielmehr macht sie Vorschläge für eine geordnete Ablage.
Hiernach kann diese beispielsweise nach
- Zeitfolge,
- Sachgruppen,
- Kontenklassen,
- Beleggruppen oder
- alphabetisch
erfolgen.
Unveränderbarkeit - Allgemeines und Festschreibung
Nach diesem Grundsatz dürfen Eintragungen oder Aufzeichnungen nicht dergestalt verändert werden, dass ihr ursprünglicher Inhalt nicht mehr feststellbar ist. Außerdem dürfen sie nicht so verändert werden, dass ein Betrachter nicht mehr feststellen kann, ob sie ursprünglich oder später gemacht wurden.
Die Unveränderbarkeit stellt eines der zentralen Themen des BMF-Schreibens dar. Eingesetzte DV-Verfahren sind so auszugestalten, dass keine Informationen mehr unterdrückt, ohne Kenntlichmachung überschrieben, gelöscht, geändert oder verfälscht werden dürfen.
Vereinfacht ausgedrückt: Alles, was der Anwender eines EDV-Systems mit diesem anstellt, muss von diesem auch dauerhaft so protokolliert werden, dass alle Be- und Verarbeitungsschritte später eindeutig nachvollzogen werden können. Somit empfehlen wir Ihnen dringend, Programme einzusetzen, die Sie als User dazu zwingen, die erzeugten Bewegungen festzuschreiben. Beispiele hierfür sind Rechnungsschreibungen wie DATEV Auftragswesen online. Dort können Rechnungen unveränderbar festgeschrieben werden. Cloud-Anwendungen wie Kassenbuch online, was ein Bestandteil von DATEV Unternehmen online ist, erfüllen den Unveränderbarkeitsgrundsatz durch die zwingende Festschreibung von Kassenbewegungen auch beim Umgang mit Bargeld.
Unveränderbarkeit - Ablage im Dateisystem
Wichtig ist in diesem Zusammenhang Rz. 110 der GoBD: „Die Ablage von Daten und elektronischen Dokumenten in einem Dateisystem erfüllt die Anforderungen der Unveränderbarkeit regelmäßig nicht, soweit nicht zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, die eine Unveränderbarkeit gewährleisten.“ Somit ist die Ablage im Dateisystem problematisch.
Letztlich bedeutet dies, dass Sie als Unternehmer ein Dokumentenmanagementsystem einsetzen sollten, sofern sie elektronische Dokumente erstellen, abspeichern, versenden bzw. empfangen.
Entscheidend ist, dass Sie verinnerlichen: Nur das elektronische Dokument ist das Original!
Dies gilt auch für Rechnungen, die bspw. im PDF-Format empfangen werden, ganz gleich ob per E-Mail oder als Download von einer Website. Sie dürfen diese Rechnungen nach den GoBD eindeutig nicht ausschließlich in ausgedruckter Form aufbewahren. Die Rechnungen müssen für die Dauer der Aufbewahrungsfrist unveränderbar (!) in elektronischer Form erhalten bleiben.
Unveränderbarkeit - Officeformate
Auch Officeformate sind problematisch, da es in ihrer Natur liegt, veränderbar zu sein. Auch bei diesen müssen Sie als Anwender zusätzliche Maßnahmen zur Gewährleistung der Unveränderbarkeit ergreifen.
Nicht ausreichend ist eine Umwandlung in das PDF-Format, da auch PDF-Dateien veränderbar sind.
Unveränderbarkeit - Die Quintessenz
„Einfache“ Ablage im Dateisystem:
Ist nach GoBD unzulässig ohne zusätzliche Maßnahmen, die die Unveränderbarkeit der Dateien gewährleisten.
Officeformate (bspw. Word™/Excel™):
Äußerst problematisch im Kontext der GoBD, da unprotokolliert lösch- und veränderbar. Die Anwendung zusätzlicher Maßnahmen ist erforderlich. Um die Unveränderbarkeit von Rechnungen zu gewährleisten sollten Sie nach unserer Überzeugung unbedingt vermeiden, Rechnungen mit Word oder Excel zu schreiben.
PDF-Dateien:
Sind veränderbar, genügen somit nicht ohne weiteres den Anforderungen der GoBD.
Dokumentenmanagementsysteme:
Genügen den Anforderungen der GoBD im Allgemeinen.
Was ist mit den Kosten, die Unternehmern zu Erfüllung der Ordnungsmäßigkeitskriterien entstehen?
Bereits seit Jahrzehnten ist einhellige Rechtsauffassung, dass Unternehmer die entstehenden Kosten genauso in Kauf nehmen muss, wie alle anderen Aufwendungen, die sein Betrieb mit sich bringt. Dies entschied der Bundesfinanzhof bereits mit einem Urteil im Jahr 1968, das in den GoBD in der Randziffer 29 zitiert wird.
„Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit rechtfertigt es nicht, dass Grundprinzipien der Ordnungsmäßigkeit verletzt und die Zwecke der Buchführung erheblich gefährdet werden. Die zur Vermeidung einer solchen Gefährdung erforderlichen Kosten muss der Steuerpflichtige genauso in Kauf nehmen wie alle anderen Aufwendungen, die die Art seines Betriebes mit sich bringt.“
Datenzugriffsrechte der Finanzämter / Betriebsprüfer
Datenzugriff der Finanzbehörde
Zu beachten ist wegen des Datenzugriffs, dass Sie Ihr DV-System schützen müssen. Sie müssen bspw. Datenverluste verhindern und unberechtigte Eingaben / Veränderungen verhindern. Diese wird in den Randziffern 103 ff. der GoBD klar gestellt. Deshalb sollten Sie unbedingt Virenschutz, Firewall, Datensicherung und Passwortmanagement in Ihrem Unternehmen professionalisieren. Machen Sie sich klar: Eine gute Pflege Ihres technischen Handwerkszeugs ist unabdingbar.
Unmittelbarer Datenzugriff (Z1)
Bei dieser Zugriffsform kann der Betriebsprüfer durch einen Nur-Lesezugriff Einsicht in die aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten nehmen, der quasi direkt am PC des Steuerpflichtigen oder seines beauftragten Dritten stattfindet. Der Nur-Lesezugriff umfasst das Lesen und Analysieren der Daten unter Nutzung der im DV-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten (z. B. Filtern und Sortieren).
Mittelbarer Datenzugriff (Z2)
Der Prüfer kann von Ihnen auch verlangen, dass Sie aufzeichnungs- und aufbewahrungspflichtigen Daten nach bestimmten Vorgaben maschinell auswerten oder von einem beauftragten Dritten (z.B. von Ihrem Steuerberater oder Ihrer Steuerberaterin) maschinell auswerten lassen, um anschließend einen Nur-Lesezugriff durchführen zu können. Der Prüfer kann allerdings nur eine maschinelle Auswertung unter Verwendung der in Ihrem DV-System vorhandenen Auswertungsmöglichkeiten verlangen.
Bis Ende 2022: Datenträgerüberlassung (Z3), ab 2023: Datenübertragung
Die Übertragung der Daten erfolgt in der Regel über eine Datenaustauschplattform der Finanzverwaltung (sog. SteuerCloud).
SteuerClouds der Finanzverwaltungen für die Datenübertragung
Derzeit steht wegen des in der Bundesrepublik vorherrschenden Föderalismus für die Datenübertragung im Rahmen der Betriebsprüfung praktisch keine einheitliche Lösung zur Verfügung. Nahezu alle Bundesländer nutzen unterschiedliche Verfahren, die im Kern jedoch ähnlich sind. Berlin, Sachsen und Thüringen bieten momentan nach unserem Kenntnisstand noch keine SteuerCloud an. Diese sollen sich aktuell jedoch in Planung befinden.
In Norddeutschland wird die Lösung FinDrive genutzt. Die Hamburger Steuerverwaltung informiert so bspw. über FinDrive-HH. Die Austauschplattform für Schleswig-Holstein hat entsprechend die Bezeichnung FinDrive-SH, die mecklenburgische Variante heißt FinDrive-MV, niedersächsische FinDrive-NI.
Allen SteuerClouds ist gemein, dass sie kein elektronisches Postfach darstellen. Insofern stehen sie nicht für Verwaltungsakte, Anträge oder Rechtsbehelfe zur Verfügung.
Probleme beim Datenzugriff und der Datenträgerüberlassung
In der Praxis hat sich gezeigt, dass die Themen Datenzugriff, Datenträgerüberlassung und Datenübertragung viele Unternehmen vor erhebliche Probleme stellen. Der Grund hierfür besteht darin, dass viele IT-Systeme nicht über geeignete Export-Schnittstellen verfügen, um dem Betriebsprüfer die gewünschten Daten zur Verfügung zu stellen. Vereinfacht ausgedrückt: Es existiert oftmals ein Schnittstellenproblem. Deshalb stellte das BMF bis vor Kurzem auf seiner Website auch „ergänzende Informationen zur Datenträgerüberlassung“ zur Verfügung.
Die Datenträgerüberlassung / Datenübertragung in Verbindung mit einer gängigen Rechnungswesenanwendung (bspw. DATEV) stellt sich meist problemlos dar. Ein schwierigeres Unterfangen dürfte es nach wie vor sein, bspw. elektronischen Waagen entsprechendes Datenmaterial zu entlocken. Wir empfehlen Ihnen ausdrücklich, sich mit dem Thema rechtzeitig zu beschäftigen, nicht erst, wenn der Prüfer die Daten von Ihnen verlangt.
Im 3. Teil des GoBD-Leitfadens geht es um Aufbewahrung im Zusammenhang mit den GoBD.